Hab ich vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschrieben.
Wie jedes Jahr wollten sich die Vampire aus der Kalkbrunner-Gruft zu Weihnachten ein ausgiebiges Festmahl gönnen, so strömten sie am 24. Dezember frohen Mutes vom Zentralfriedhof in die Stadt, auf der Suche nach Weihnachtsmännern, deren Kleidung und Bart den blutarmen Zustand ihrer Besitzer verbarg.
Doch dieses Jahr sollte alles anders kommen.
Als sie hungrig den gut besuchten Christkindlmarkt vor dem Rathaus betraten, trauten sie ihren Augen kaum, kein einziger Weihnachtsmann!
Sie wussten nicht, daß in diesem Jahr im TV eine Kampagne gegen die Amerikanisierung des Weihnachtsfestes gelaufen war und überall nur noch das Christkind die Geschenke brachte. Mangels Stromanschluß und Satellitenschüssel am Friedhof hatten die armen Vampire diese Information in ihren Särgen einfach verschlafen.
Jetzt war guter Rat teuer, die vielen Christkindln, lauter junge Frauen mit goldenem Kunsthaar und strahlend weißen Kleidern, wären eine interessante Abwechslung gewesen, doch sie waren stets umbringt von Kinderscharen, die sich viel näher und zahlreicher ran trauten, als an die unheimlichen, dicken Weihnachtsmänner mit ihren tiefen Stimmen und den gesichtsverdeckenden Bärten.
Und es gab noch ein weiteres Problem, dieses Jahr war ebenfalls im TV eine Reportage gelaufen, in der die gesundheitsfördernde Wirkung von Knoblauch angepriesen wurde. Infolgedessen hatte jeder zweite am Christkindlmarkt entweder ein großes Langos oder Kartoffelpuffer in der Hand, dick bestrichen mit Knoblauchpaste.
Den Vampiren wurde schlecht und sie flohen auf die Mariahilferstraße, die gut besucht war von Menschen, die erst in letzter Minute an die Geschenke dachten und wenigstens mit einem Gutschein aufwarten wollten. Doch diese waren schwer zu greifen, im Gegenteil, mit gehetzten Gesichtern rannten sie die mittlerweile ziemlich verzweifelten Vampire nieder.
Es sah schlecht aus fürs Festmahl.
Doch dann hatte einer der Vampire eine Idee, im Krankenhaus könnte man fündig werden, viele Patienten in der Notaufnahme hatten bereits vorgefeiert und waren betrunken, die Ärzte wegen der Menge an Herzinfarkten durch den Weihnachtsstress abgelenkt, es würde ein leichtes sein, sich unauffällig an einen Betrunkenen anzulehnen und so den Magen zu füllen.
Die Idee war gut, die Umsetzung aber leider schlecht. Die meisten Betrunkenen kamen von Christkindlmärkten, und auch sie waren gesundheitsbewusst.
Ein Vampir nach dem anderen taumelte voll mit Knoblauch-Blut gefülltem Magen durch die Notaufahme, wo sie schließlich alles wieder von sich gaben. Aufgeregte Ärzte rannten vorbei, alarmiert durch das viele Blut, als die Vampire nach und nach umkippten. Ihre Gesichter waren blutverschmiert und leichenblass, kein Herzschlag war zu fühlen, so breitete sich schnell Panik unter den Ärzten und Krankenschwestern aus, die vermeintlich Toten wurden eiligst in ein Extra-Zimmer geschoben und die Notaufnahme unter Quarantäne gestellt. Während noch Spezialisten von der Seuchenbehörde und vom Hygieneinstitut anrücken, wachten die Vampire auf, einer kaputter als der andere. Mehr als die Flucht blieb ihnen nicht, zum Glück konnten sie im allgemeinen Chaos wenigstens noch einige Blutkonserven mitgehen lassen.
So erreichten sie den Friedhof, legten die Blutkonserven unter den mit Spinnweben und Grabkerzen kunstvoll geschmückten Baum und kletterten erschöpft in ihre Särge. Dort beschlossen sie, das nächste Weihnachtsfest lieber geruhsam und besinnlich und vor allem kalorienarm zu verbringen. Und auf die Rückkehr der Weihnachtsmänner zu hoffen.